Industrial-Stil: Maskulin, ungeschönt und authentisch
Unverputzte Wände, weitläufige Räume mit hohen Decken, von denen nostalgischen Lampen an deutlich sichtbaren Kabeln herabhängen, und überall Metall und Massivholz mit charaktervollen Gebrauchsspuren – der Industrie-Style überzeugt mit einem Charme, der sich ohne jeden Zweifel als unprätentiös bezeichnen lässt. Frei von jeglichem Glanz und Glamour spiegelt er das raue Fair alter Fabriken aus der Zeit der Industrialisierung und transportiert es in die moderne Welt. Im Ergebnis steht eine rohe Ästhetik, die mit unverfälschter Ehrlichkeit überzeugt.
Wohnen im Industrial-Stil - so entsteht die richtige Atmosphäre
Wer hätte gedacht, dass die Industrieschauplätze aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts es einmal zu solcher Popularität bringen würden? Entstanden ist das Wohnen im Industrie-Style eher aus der Not heraus. Als ab den 1970er Jahren die Mieten in großen Metropolen wie New York und London zunehmend teurer wurden, suchten Künstler und Bohemiens nach günstigen Alternativen – und fanden sie. So wurden verwaiste Fabrikhallen kurzerhand in zweckmäßig eingerichtete Ateliers und Wohnräume umfunktioniert. Dabei kam die bestehende Substanz der kreativen Szene gerade recht: Alte Werkbänke und massive Drehstühle von einst dienten als Arbeitsplätze, die von historisch aussehenden Lampen im Factory-Design perfekt ausgeleuchtet wurden. Ergänzend kamen Fundstücke wie Paletten, ausgediente Wein- und Obstkisten sowie robuste Möbel im Upcycling-Look hinzu.
Mittlerweile hat sich der Industrial-Chic zu einem echten Trend aufgeschwungen, der immer mehr Anhänger findet. Das Wohnen in leer stehenden Industriegebäuden mit Loft-Charakter ist begehrt wie nie und zieht vor allem junge Menschen an. Die weitläufigen Grundflächen der einstigen Werkstätten und Lagerhallen eignen sich perfekt für eine offene Raumgestaltung, in der verschiedene Wohnbereiche fließend ineinander übergehen. Dank des großzügigen Platzangebots lassen sich Relaxen, Schlafen und Kochen wunderbar miteinander vereinen. Doch auch wer nicht in einer ehemaligen Fabrikhalle lebt, kann sich den einzigartigen Charme des Industrie-Styles in die eigenen vier Wände holen. Um auch in Zimmern mit wenigen Quadratmetern eine klare Struktur zu schaffen, sollten Sie sich jedoch bewusst auf einige ausgewählte Highlights beschränken.
Couch- und Beistelltische für den Industrial-Look
Diese Materialien machen den Industrial-Stil aus
Der Industrie-Stil greift sowohl bei der Gestaltung der Räume als auch beim Design des Interieurs auf ehemalige Produktionsorte und die ausrangierten Gegenstände von anno dazumal zurück. Dabei liegt der besondere Reiz in einer gewollten Unvollkommenheit. Vermeintliche Makel wie unverputzte mit Backsteinen gemauerte Wände, karge Betonböden mit Kerben und Türen mit abblätterndem Lack werden gekonnt in Szene gesetzt. Als weitere Werkstoffe sorgen vor allem unbehandeltes, derb aussehendes Holz und kühles Metall in den verschiedensten Varianten für eine unverfälschte Industrie-Optik. Grob geschweißte Stühle mit massiver Basis, Treppen oder Geländer aus Stahl und Kommoden mit Metallbeschlägen gehören ebenso zum Industrie-Stil wie eine Essgruppe aus massivem Echtholz.
Dabei sind kleine Risse, Spalten und Unebenheiten in der Oberfläche essenzielle Schönheitsfehler, die zum stylish-herbem Charme der Möbelstücke beitragen. Auch lackiertes Recycling-Holz, das im Patchwork-Design neu zusammengefügt wurde, eignet sich prima, um die nostalgische Extravaganz des Industrial-Chic auf gelungene Weise zu inszenieren. Zum Relaxen ist ein klassisches Chesterfield-Sofa mit passenden Sesseln aus echtem Leder perfekt – idealerweise mit einer authentisch wirkenden Patina, die eine ganz eigene Geschichte zu erzählen vermag. Schließlich dürfen auch Elemente aus Glas nicht fehlen. Allerdings kommt auch dieses Material nicht filigran daher, sondern präsentiert sich in dicker Verarbeitungsqualität, die sich das Sicherheitsglas aus den einstigen Fabriken zum Vorbild nimmt.
Das Badezimmer im Industrial-Stil
Welche Farben nutze ich für den Industrial Wohnstil?
Die vorherrschende Umgebungsfarbe des Industrie-Stils ist eine graue Beton-Optik. Ganz im Sinne einer möglichst authentischen Wand- und Bodengestaltung stellen diese kargen Flächen die ideale Bühne für den unverfälschten Fabrik-Look dar. Auch unverputzte Wände im roten Backstein-Design fungieren als Zeugen längst vergangener Zeiten und lassen den Industrie-Charme auf gelungene Weise neu aufleben. Ob es sich dabei tatsächlich um gemauerte Wände oder eine dem Original täuschend echt nachempfundene Tapete handelt, wird fast schon zur Nebensache. Bei den Möbeln dominieren vor allem dunkle Holztöne, die eine genuine Ursprünglichkeit ausstrahlen. Aber auch hellere Nuancen sind als moderne Kontraste durchaus willkommen.
Zu der natürlichen Farbgebung gesellen sich hellgraue bis anthrazitfarbene Metall-Töne, die sich in blanken Stahl- und Eisenelementen wiederfinden und dem Ambiente eine derbe Note geben. Ergänzend bieten sich zudem schlichte Nuancen wie Weiß, Taupe oder Schlammtöne an. Auch Schwarz spielt beim Industrie-Stil eine wesentliche Rolle. Betont es doch die unverwüstliche Solidität von Möbeln und weiteren Komponenten. Wer das Wohnen im Industrial-Chic mit bunten Akzenten etwas fröhlicher gestalten möchte, setzt bevorzugt auf leicht verwaschen aussehende Grün-, Blau- oder Rottöne. Sparsam eingesetzt, sind auch kraftvoll leuchtende Farben und grafische Muster durchaus erlaubt.
Stühle im industriellen Look
Tische für den Industrial-Wohnstil
Charaktervolle Deko im Industrial-Stil
Um eine Wohnungseinrichtung im Industrie-Stil auf gelungene Weise zu vervollständigen, dürfen die passenden Accessoires nicht fehlen. Die perfekte Wahl sind zu Deko-Objekten umfunktionierte Gegenstände mit historischem Hintergrund. Alte Zahnräder, nostalgische Reklametafeln, abgewetzte Koffer oder Kisten eignen sich hierfür ebenso wie Lampen aus emailliertem Stahlblech, die aus einer anderen Zeit zu kommen scheinen. Sind originale Fundstücke nicht verfügbar, greife einfach zu modernen Interpretationen, mit denen kreative Interieur-Designer die Materialien und Formen von damals neu inszenieren. Urig aussehende Wanduhren, Spiegel mit massivem Metallrahmen oder schmiedeeiserne Kerzenleuchter tragen dazu bei, das raue Flair in den einstigen Fabrikhallen nachzuempfinden. Auch aus Treibholz gefertigte Accessoires passen prima zu einem Einrichtungskonzept im Industrie-Stil.
Damit Sie sich in der rein funktionell gestalteten Atmosphäre dennoch wohlfühlen, kommen als stylishes Gegengewicht moderne Heimtextilien zum Einsatz. Während Stühle und Polstermöbel vorzugsweise mit robustem Leder bezogen sind, bieten sich als Kissenbezüge und für die Gardinen grobe Leinenstoffe an. Auf rauen Betonböden machen weiche Felle aus echtem oder nachgemachtem Tierhaar eine überaus gute Figur. Möchten Sie den Essbereich oder die Relaxecke mit einem Teppich ausstatten, sind strapazierfähige Varianten aus Naturfasern wie Sisal oder Hanf die ideale Wahl.
Küchen im Industrial-Stil
Werkbank oder Kochinsel? Bei einer Küche im Industrie-Stil schließt das eine das andere nicht zwangsläufig aus. Denn hier treffen Objekte im Factory-Design auf die Ansprüche einer modernen Kücheneinrichtung. Dabei wird Altes neu genutzt und es finden Werkstoffe Verwendung, die es bisher in der Küche nicht gab. So entsteht durch eine clevere Kombination von unvollkommen roh aussehenden Oberflächen und neuzeitlichen Gestaltungsmethoden eine charaktervolle Atmosphäre. Die Basis liefern Fronten für Küchenschränke und eine Arbeitsplatte mit gewollten Schönheitsfehlern in stylisher Beton- oder Stein-Optik. Gern darf es auch dunkles Echtholz mit deutlich sichtbaren Gebrauchsspuren sein.
Die Kombination aus Herd und Backofen kommt idealerweise als gusseisernes Modell im nostalgischen Look daher. Auch die Abzugshaube wirkt, als sei sie ein Überbleibsel aus der Zeit der industriellen Revolution. Ist genug Platz vorhanden, erweist sich ein üppiger Tresen mit passenden Barhockern oder schlichten Schemeln im Industrial-Style als stylishe Idee. Beleuchtet wird die Szenerie wahlweise von nackten Glühbirnen oder schnörkellos-funktionellen Leuchten, die an einer soliden Kette herabhängen. Dazu gesellen sich Ordnungssysteme wie Spinde im Werkstatt-Design und Regale aus Metall. Das i-Tüpfelchen bilden Accessoires in Form nostalgischer Küchenhelfer wie eine alte Waage oder eine Schöpfgarnitur aus Emaille.